Accademia Vergani

Restaurant Seerose Wollishofen

In zartem Blau schimmert der Zürichsee. Und ruhig ist er auch. Darüber erstreckt sich ein Himmel in mildem Licht. Die Luft ist lau an diesem Hochsommertag in der Seerose. Durch die nach hinten abgestufte Glasfront erkennt man in der Piano-Lounge ein grossformatiges Gemälde. Kein Castelli oder Comensoli, sondern ein Krebs: Eine Malerei von Thomas Krebs von der Seerose Wollishofen. Kunstmaler oder Gastronom?

 

 

Die Treppe ins Sous-Sol ist diskret beleuchtet. Die Bilder an der Wand sind zu gross für diesen Ort. Doch der flüchtige Gast sieht vielleicht gar nicht richtig hin. Ich frage mich hingegen: Ist es Dekoration? Oder gar Kunst?

Kunst spielt eine tragende Rolle im Leben von Thomas Krebs. Nicht nur im Restaurant. Doch wenn man mit ihm auf der Mole der Seerose steht, scheint seine Passion weit weg. Nichts entgeht seinem Auge. Dort wartet ein defekter Barhocker auf die Reparatur. Ein kurzer aber scharfer Blick hinter die Grilltheke. Er memoriert eine unsichtbare To-
Do-Liste. Ist das tatsächlich der Künstler Thomas Krebs, an dessen Bildern ich eben vorbei gegangen bin?

«Ich bin vielseitig talentiert.» sagt er und fügt beschwichtigend an: «Aber nirgends perfekt.» Ausser in seiner Liebe zum Detail, möchte man ergänzen. «Das Detail ist enorm wichtig, und ich kann sehr pingelig sein», konterkariert er die Lockerheit der vorherigen Aussage. Es spielt keine Rolle, ob der Gast das Detail bemerkt. Jedes Restaurant ist eine Komposition aus zahlreichen Details. Fehlt eines, ist die Harmonie gestört. Wie in der Küche, so in der Kunst. Dazu gesellt sich die Inspiration: Kein Künstler kommt ohne sie aus. Auch kein Gastronom. Die Serviettenringe zum Beispiel. «Wir haben in einem ausgezeichneten Restaurant in Cap d’Antibes gegessen und ich sah diese Serviettenringe.» Heute zieren sie mit ihrem rot-weissen Rettungsring die Tische. Ein typischer Wesenszug von Thomas Krebs: Er entscheidet, und dies schnell. Und er nimmt Fehler in Kauf: «Ich geniesse es, meine Ideen schnell in die Tat umzusetzen». So wie damals, als er die Seerose übernahm. Er war ohne Plan vom Restaurant an der Messe «Maison & Objet» in Paris, kaufte das gesamte Interieur nach Gefühl. Es passte.

Und die Malerei, das Atelier in Thalwil? Es war 1991, als Krebs sein erstes Bild von Mario Comensoli ersteigerte. Ebenfalls ein schneller Entscheid. Und einer des Herzens. So malt er auch, er, der von sich sagt, er könne gar nicht malen. Dafür hat er ein Flair für Farben und Formen. Auch hier gehört die Schnelligkeit dazu. Die grossformatigen Werke sind das Ergebnis weniger Stunden, Arbeiten aus einem Guss. Eine Idee will schnell umgesetzt werden.
Malen und Gastronomie lebt und erlebt er auf dieselbe Weise. «Meine vielfältigen Aktivitäten sind geprägt vom Interesse an den Menschen.» Essen und Trinken sei etwas vom Schönsten, sagt er, der gelernte Gastronom und Koch. Deshalb lautet das Credo der Seerose: «Ein Stück Ferien im Alltag».

Text: Lukas Tonetto | Bild: Restaurant Seerose | Quelle: Vergani Magazin 3

 

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