Es ist kein Geheimnis; Berta und Vergani, die beiden Familienunternehmen, arbeiten nicht nur seit 1989 zusammen, sie bringen einander auch auf neue Ideen. Heuer besuchte die neue Berta-Generation Zürich. Was geht ab?
Gianni Vergani ist gerührt und man sieht es ihm an, als er Annacarla und Giulia in der ersten Grapperia der Schweiz, also bei Vergani an der Zentralstrasse in Zürich, begrüsst. Es gibt viel zu erzählen denn Giulia, die im Oktober 2020 ins Unternehmen eingestiegen ist, ist zum ersten Mal in Zurigo. Annacarla, die seit 10 Jahren bei Berta eingespannt ist, kennt die Limmatstadt. «Aber wir kommen ja nicht wegen dem See und den Bergen», witzelt sie. Sie kommen natürlich, um einander endlich einmal richtig kennenzulernen. Die neuen Generationen.
Eine kleine Berta-Familien-Einordnung: Giulia, die die Kommunikation verantwortet, ist die Tochter vom allseits bekannten, beliebten und begehrten Enrico, genannt Chicco. Annacarla, die die Administration verantwortet, ist die Tochter vom 2015 verstorbenen Gianfranco, dessen Geist heute in der Stiftung, dem unfassbaren Keller und einer speziellen Grappa weiterlebt. Solo Per Gian. Gemeinsam mit ihrer Mutter Simonetta und mit Chicco führen Annacarla und Giulia die Distillerie Berta Schritt für Schritt auch in die Zukunft. Die Frauen übernehmen das Ruder. «Stimmt nicht», kontert Annacarla sofort: «bei Berta waren Frauen immer schon an Schlüsselpositionen tätig. Darum herrscht bei uns auch Lohngleichheit und überhaupt eine sehr soziale Einstellung».
Die Distillerie Berta und die dort einhergehende Qualitätsphilosophie samt Barriquefassausbau muss man heute niemandem mehr erklären. Berta ist in der Welt der italienischen Destillate die unangefochtene Nummer eins. Kaum ein Restaurant mit Klasse ohne Berta. Aber das war nicht immer so, schon gar nicht in der Schweiz. Hier trägt Vergani einen wesentlichen Anteil daran, dass das Image von Grappa (im Generellen und das von Berta im Speziellen) ein hohes Ansehen geniesst. «Der Schweizer Markt ist sehr wichtig für uns. Die Hälfte der Produktion möchten wir in Italien verkaufen, danach ist die Schweiz der wichtigste Absatzmarkt, gefolgt von Deutschland, Kanada und Japan», sagt Annacarla. «Vergani und Berta – das ist eine historische Partnerschaft», fügt sie an. «Zusammen haben wir bereits und werden wir hoffentlich noch viele ansehnliche Projekte realisieren», sagt Gianni.
«Apropos Ansehen. Es ist mir aufgefallen», erklärt Giulia, «als ich in einem Restaurant einen Gast hörte, wie er fragte, ‹avete una Berta?›». Gemeint ist damit, dass Berta heute als Synonym für guten Grappa verwendet wird, so wie Tempo eben für Papiertaschentücher steht. Junge Gäste bestellen in Italien eher einen Berta Tonic. Ein Drink der aus 4 cl Berta Amaro d’Erbe (Il 28 die Via San Nicolao), 2 cl Gin und Tonic mit einer Orangenzeste besteht. «Das zeigt, dass wir es als Marke geschafft haben, uns im Kopf der Geniesser zu verankern», ergänzt sie. Und damit das so bleibt, hat sie selbst viele Ideen im Kopf. Studiert hat sie in Milano, Kommunikation, Philosophie und nun bringt sie den frischen Wind in die Berta-Welt – auf allen Kanälen. «Berta, das war und ist in jedem Fall ein herausragendes Produkt, edles Design und Verpackung, aber Berta ist heute eben auch viel mehr als das», sagt sie engagiert und ohne Punkt und Komma. «Das Auge fürs Schöne, nicht nur fürs Gute, sprich für die Kunst, auch das ist ein Aspekt, der zu Berta gehört», führt sie weiter aus. Das sei auch ein entscheidender Grund gewesen, warum sie etwa im Salone del Mobile in Milano als Gast der Design-Möbel-Marke Lago präsent gewesen seien. «Kooperationen in einer anderen Brandwelt, die unsere Werte teilt, bringen uns weiter», sagt Giulia und Gianni lächelt, weil er das auch so sieht. Annacarla witzelt und sagt: «Gianni kennt und kopiert uns eben».
Und noch etwas verbindet sie. Für Vergani wie für Berta bleiben das Persönliche und die Gastfreundschaft zentrale Teile der Firmenphilosophie. «Wir versuchen Feedbacks auf allen Touchpoints zu bieten. Chatbots kommen für uns nicht infrage, wir antworten persönlich, auf Instagram, oder per Mail, diese menschliche Interaktion ist uns enorm wichtig», sagt sie und Gianni nickt. «Dazu kommen rund 35’0000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr», sagt Annacarla. «Wir sind nicht im Stadtzentrum von Milano, und trotzdem möchten so viele Menschen die Distillerie Berta besuchen, das freut uns. Und unsere Antwort darauf ist Gastfreundschaft», sagt sie. In der Konsequenz bedeute das, dass ihr Betrieb sieben Tage die Woche offen sei, dass der Besuch und die Degustation, nach Anmeldung, kostenlos seien und eine Führung rund eineinhalb Stunden daure. «Wir sind eine kleine touristische Attraktion geworden und unsere Gäste werden zu unseren Botschaftern», sagt sie.
Wer die Berta-Welt heute besucht, stellt leicht verwundert fest, dass sich im Laufe der Zeit aus der Produktion von Destillaten auch einige neue Aspekte, wie etwa die Villa Castelletto mit 12 Zimmern oder die feudale Villa Prato mit 14 Zimmern, Wellness, Spa und zwei Restaurants sowie das Castello di Monteu Roero dazugesellt haben. «Ja, wir haben viel gemacht», sagt Annacarla: «um unsere Kunden an einem stilvollen Ort empfangen zu können.» Vom neuesten Teil, dem Eventbereich für 200 Personen, den man, von der Destillerie weggehend, durch den 8 Hektar grossen Park in einem zehnminütigen Fussmarsch erreicht, ganz zu schweigen. «Wir waren immer schon eine gastfreundliche Familie», sagt Giulia, «genau wie die Verganis, teilen wir gerne die schönen Momente des Lebens mit den Menschen, die uns am Herzen liegen. Für uns gehört das zum Geschäft dazu».