Amarone della Valpolicella classico DOCG
Amarone
Der Amarone della Valpolicella Classivo DOCG ist äusserst beliebt und bei vielen zuoberst auf der Skala, wenn es ums Schwärmen geht. Zugegeben, der opulente Norditaliener aus Venetien hat auch eine Menge zu bieten.
Was für ein Rotwein: Intensive Frucht, Gewürze, Schokolade und herbe Gerbstoffe, überbordende, konzentrierte Frucht. Dazu reife Säure, eine cremige Struktur, einen hohen Volumenanteil Alkohol. Das alles verbindet sich in einem faszinierenden Spannungsbogen. Komplex, wuchtig und elegant. Das finden die einen.
Die anderen bezeichnen ihn als Trend- und Mode-Rotwein aus Italien, als zu schwer und klebrig, ja fast süss und seinen meistens hohen Preis nicht wert. Wie auch immer, seine Herstellung bleibt eine Einzigartigkeit: Die Trauben der klassischen Rotwein-Rebsorten Rondinella, Corvina Veronese, Corvinone und Molinara werden nach der Ernte während mehreren Monaten auf Gittern oder Matten getrocknet, gedreht und gewendet und verlieren dabei teilweise mehr als die Hälfte ihrer Flüssigkeit. Das Wasser verdunstet, zurück bleiben rosinenähnliche Trauben mit einem hohen Zuckergehalt, Säure und Gerbstoffen. Diese Halbrosinen werden behutsam gepresst und vergoren. Vor allem ein guter Amarone della Valpolicella classico DOCG ist grundsätzlich sehr lagerfähig und entwickelt erst über lange Zeit sein komplexes Aroma.
Eigentlich ist der Amarone als solches ein relativ junges Produkt, entstanden sei er – so beschwören es die Einheimischen – durch Zufall. Im Valpolicella in der Provinz Verona war es seit dem 16. Jahrhundert Brauch, dass ein Teil der Traubenernte der Rebsorten Corvina Veronese, Rondinella und Corvinone auf Holzrosten getrocknet wurde und erst im Winter daraus Wein zu keltern. Dieser konnte aufgrund des hohen Zuckergehaltes nicht durchgären und blieb somit wunderbar süss, es war der berühmte, edle Recioto. Jedoch passierte in den 1930er Jahren etwas Aussergewöhnliches. Aus Versehen hatte ein junger Kellermeister ein Fass Recioto im Keller vergessen und der Wein gor durch, der Restzucker verwandelte sich in Alkohol und das Ergebnis war ein trockener, gehaltvoller Rotwein.
Auch andere Winzer sprangen auf den Zug auf und produzierten diese Art von Wein aus den klassischen Veneto Rebsorten. Jedoch konnte sich lange niemand erklären, wie es möglich war, dass ein Recioto komplett durchgähren konnte. Bei herkömmlichen Weinen starben die Hefen bei einem Alkoholvolumen von 15 Prozent ab. Der Wein, falls noch Restzucker vorhanden, blieb süss. Der Amarone erreichte aber Werte von 16 bis 17 Volumenprozent Alkohol. Dies wurde von den Weinbauern als «miracolo dell'Amarone», als Wunder beschrieben.
Heute weiss man, dass spezielle Hefestämme dafür verantwortlich sind. Diese kommen nur in der Region um Valpolicella vor und sind alkoholresistenter. Aufgrund seines bitteren Abgangs wurde der Wein Amarone, der Bittere, genannt. Böse Zungen behaupten, man habe sich einfach am neuen Vorbild der trockeneren Weine aus dem Bordeaux oder Burgund angelehnt, und so einen Trend erfasst. Wie auch immer, der Amarone DOCG hat weitaus mehr als nur den Durchbruch geschafft, er wird auf gleicher Augenhöhe genannt mit den «königlichen Weinen» Brunello und Barolo und gehört somit zu den ganz grossen Weinen Italiens. Königlich will er auch hofiert werden, der Wein für grosse Anlässe. Sein Genuss kommt erst in bester Gesellschaft und bei einem opulenten Mahl zur vollen Geltung.